Was bedeuten die Notenbankentscheide für die Baufinanzierungszinsen?

Leitzins soll bis zum Herbst 2019 niedrig blieben

Roland
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In der vergangenen Woche fielen zwei geldpolitische Entscheidungen: Die Federal Reserve nahm einen weiteren Zinsschritt vor, die EZB kündigte an, dass ihr Anleihenkaufprogramm Ende Dezember ausläuft. Qualitypool-Geschäftsführer Jörg Haffner bewertet die Beschlüsse und prognostiziert die Entwicklung der Bauzinsen.

Es war bekannt, dass die Europäische Zentralbamk (EZB) auf ihrer geldpolitischen Sitzung über das Ende des Anleihenkaufprogramms diskutieren wird. Spekulationen um einen baldigen Ausstieg würden vom sprunghaften Anstieg der Verbraucherpreise im April (plus 1,9 Prozent in der Eurozone) gestützt.

Das EZB-Inflationsziel von „knapp unter zwei Prozent“ wurde demnach vorerst erreicht, auch wenn der Anstieg zu einem guten Teil auf die gestiegenen Energiepreise zurückzuführen war.

Leitzins soll bis zum Herbst 2019 niedrig blieben

Letztendlich entschied sich die EZB dafür, das Anleihenkaufprogramm ab Oktober auf 15 Milliarden Euro monatlich zu halbieren und zum Jahresende auslaufen zu lassen. Ab Januar 2019 werden nur noch Anleihen ersetzt und keine neuen mehr hinzugekauft.

Der Leitzins soll bis mindestens „über den Sommer 2019“ hinweg auf seinem historischen Tief bleiben. Wie gewohnt knüpfte EZB-Präsident Mario Draghi diese Vorgaben an eine Inflationsentwicklung im Rahmen der Erwartungen (1,7 Prozent für 2018 und für 2019).

Draghi wies bei der Bekanntgabe auf wachsende Unsicherheiten innerhalb der Eurozone hin – sowohl politischer Art, wie durch den Handelskonflikt mit den USA und die neue Regierung in Italien, als auch ökonomischen Ursprungs, da sich das Wachstum im ersten Quartal verlangsamt hat. Nach Einschätzung der EZB bleibt aber ein robustes und breit angelegtes wirtschaftliches Wachstum der Eurozone erkennbar.

Kurz vor der EZB traf sich der geldpolitische Ausschuss der Fed. Die US-Notenbank erhöhte wie erwartet den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1,75 bis 2,00 Prozent. Die offensive Geldpolitik der Fed wurde ein weiteres Mal durch gute Konjunkturdaten gestützt. Gerade die Arbeitsmarktdaten überzeugten im Mai, und die Verbraucherpreise stiegen so stark wie seit über einem Jahr nicht mehr. Aktuell rechnet die Fed mit zwei weiteren Zinserhöhungen in 2018 sowie drei Erhöhungen in 2019.

Baufinanzierungszinsen: Aktuelle Entwicklung und Ausblick

Die Bestzinsen für zehn- und 15-jährige Baufinanzierungen waren zuletzt rückläufig: Die zehnjährigen Zinsbindungen sanken von 1,30 Prozent Anfang Mai auf 1,10 Prozent Anfang Juni. Die 15-jährigen Zinsbindungen gingen im gleichen Zeitraum von 1,60 auf 1,47 Prozent zurück.

Die neue eurokritische Regierung in Italien hat in den letzten Wochen für Verunsicherung auf dem Anleihen- und Zinsmarkt gesorgt. Es war wohl vor allem der politische Einfluss, der die Zinsen zuletzt sinken ließ. Inzwischen nimmt der geldpolitische Einfluss – insbesondere mit der Ankündigung der EZB, die Zinsen über den Sommer 2019 hinaus niedrig zu halten – wieder zu.

Wie erwartet hat sich die EZB dafür entschieden, das lange erwartete Auslaufen des Anleihenkaufprogramms frühzeitig zu kommunizieren. So haben sich daraus aktuell keine Zinsimpulse ergeben. Auch die lange Zeitspanne bis zum potenziellen ersten Zinsschritt nach dem Sommer nächsten Jahres sollte zunächst für einen weiter entspannten Zinsmarkt sorgen.

Die Fed bleibt vorerst bei ihrem offensiven Kurs mit vielen kleinen Zinsschritten – immer deutlicher auch, um einer Überhitzung der US-Wirtschaft frühzeitig aus dem Weg zu gehen. Hier schaut die US-Notenbank sehr genau auf die Inflationsentwicklung. Wir müssen allerdings abwarten, wie sich die dortige Wirtschaft nächstes Jahr schlägt. Zum Teil gehen die Prognosen von einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums aus.

Seitwärtsbewegung ist wahrscheinlich

Und wie entwickeln sich die Bauzinsen bei uns weiter? So kurz nach den Zinsentscheiden sind noch keine direkten Auswirkungen auf die Bauzinsen zu sehen. Das ist normal, denn die Zinspolitik der Notenbanken wirkt bei den langfristigen Zinsen verzögert über den Anleihenmarkt. Aber die Ankündigungen der EZB lassen darauf schließen, dass die Zinsen sich zunächst seitwärts bewegen werden.

Die italienische Regierung kann jedoch einen Strich durch alle Prognosen machen. Wenn sie mit ihren Ideen die Anleger weiter verunsichert, kann das zu einer Flucht in sichere Anlagen führen. Dann würden Bundesanleihen vermutlich noch stärker nachgefragt – was sogar zu sinkenden Zinsen führen könnte.

Vielen Dank an Cash.Online

 

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