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Achtung, Abzocke! Wenn auf der Handyrechnung plötzlich ein unbekannter Posten auftaucht, sollten Sie überprüfen, ob Sie den aufgeführten „Sonderdienst“ wirklich bestellt haben.
Sie können es nicht lassen. Für Mobilfunkfirmen ist das Abrechnen von Drittanbieter-Leistungen und „Mehrwertdiensten“ per Handy offenbar so attraktiv, dass sie weiterhin Grauzonen ausnutzen, um zu verdienen – und dabei auch gegen geltendes Recht verstoßen. Wir fanden sogar Fälle, in denen sie „eigene Leistungen“ aufführten, die Kunden nicht bestellt hatten. Erst auf Rückfrage der Stiftung Warentest bekamen Kunden ihr Geld. Was tut die Aufsicht?
Käufe über die Handyrechnung abwickeln
Über die Mobilfunkrechnung können Kunden das bezahlen, was sie per Handy im Internet gekauft oder abonniert haben, etwa Spiele oder Videos. Dieser Betrag wird zusammen mit den „normalen“ Telefonkosten vom Konto abgebucht. Das kann sinnvoll sein, etwa beim Bezahlen von Parktickets, Fahrkarten und Zeitschriftenartikeln aus dem Netz.
Neue Regel soll Handy-Abzocke Riegel vorschieben
Seit Jahren beschweren sich Kunden aber, dass sie auf diesem Weg für Dinge zur Kasse gebeten werden, die sie nie gekauft haben. Deshalb müssen Mobilfunkfirmen seit 1. Februar 2020 beim Abschluss eines Abos das sogenannte Redirect-Verfahren einsetzen. Wenn Kunden bei einem Drittanbieter auf ihrem Smartphone durch Anklicken etwas abonnieren, beispielsweise Videos oder Börsennews, werden sie auf eine Internetseite des Mobilfunkanbieters umgeleitet. Hier schließen die Kunden den Kauf dann ab – per Klick auf einen Button mit eindeutiger Aufschrift wie „zahlungspflichtig bestellen“. Das Verfahren hat die staatliche Aufsicht, die Bundesnetzagentur, vorgeschrieben. Für Einzelkäufe sind auch andere Verfahren erlaubt, sofern sie sicher sind.
Rat der Stiftung Warentest
Nicht zahlen. Zahlen Sie auf keinen Fall, wenn Sie nichts bestellt haben. Bestreiten Sie schriftlich bei Mobilfunkfirma und Drittanbieter, dass ein Vertrag zustande gekommen ist. Nutzen Sie dafür unseren Musterbrief.
Vorgehensweise. Mobilfunkanbieter wimmeln häufig Kunden ab, wenn diese sich gegen Abofallen wehren. Im Unterartikel So wehren Sie sich gegen Abzocke zeigen wir Ihnen typische Fälle, erklären die Rechtslage und sagen, wie Sie in welchem Fall gegenüber Mobilfunkfirmen am besten argumentieren.
Mobilfunkanbieter. Seit Februar 2020 muss der Anbieter nach Ihrer Reklamation unrechtmäßig abgebuchtes Geld für angebliche „Leistungen“ Dritter „unbürokratisch“ auf der nächsten Handyrechnung gutschreiben. Tut er das nicht, haken Sie nach. Verlangen Sie, dass das Geld Ihnen wieder gutgeschrieben wird.
Bank. Sagt der Mobilfunkanbieter die Gutschrift nicht binnen zwei Wochen zu, lassen Sie den gesamten abgebuchten Rechnungsbetrag von Ihrer Bank zurückholen. Überweisen Sie dann nur den Betrag für die eigentlichen Telefonkosten – abzüglich des Gelds für Drittanbieter. Achten Sie darauf, dass Sie mit den eigentlichen Telefonkosten nicht in Rückstand geraten.
Anrufe. Kommunizieren Sie nur schriftlich. Sparen Sie sich Anrufe beim Drittanbieter. Dort werden Sie abgewimmelt, so die Erfahrung vieler Finanztest-Leser. Dies gilt oft auch für Anrufe beim Mobilfunkanbieter. Auch hier gilt: Schriftlich an ihn wenden!
Beweis. Lassen Sie sich nicht beirren, wenn Ihr Anbieter als angeblichen Bestellbeweis nur eine unplausible Zusammenstellung von Zahlen und Buchstaben vorlegt. Das ist kein Beweis, dass Sie wissentlich und willentlich etwas bestellt haben. Nachweise für eine angebliche Bestellung sind manipulierbar. Dies zeigen Urteile des Amtsgerichts Düsseldorf gegen Verantwortliche des Drittanbieters Cellfish (Az. 50 C 248/17 und Az. 24 C 451/16).
Anzeige. Zeigen Sie den Anbieter der „Leistung“, die Sie nicht bestellt haben, wegen Betrugs bei der Polizei an. (Gewusst wie: Online Anzeige erstatten).
Beschwerde. Beschweren Sie sich bei der Bundesnetzagentur (rufnummernmissbrauch@bnetza.de). Achtung: Beantragen Sie keine Schlichtung, sondern reichen Sie Beschwerde ein. Sonst werden Sie aus formalen Gründen abgewiesen.
Sperre. Ihre Mobilfunkfirma ist verpflichtet, eine Drittanbietersperre einzurichten, wenn Sie dies online, per E-Mail oder telefonisch verlangen. So sind Sie sicher vor Überraschungen. Sie hilft aber offenbar nicht, wenn der „Leistungsanbieter“ selbst eine Mobilfunkfirma ist.
Einflussnahme. Seit Jahren verhindern Mobilfunkfirmen einen wirksamen Kundenschutz beim Bezahlen über die Smartphonerechnung. Wenden Sie sich als Betroffene an Ihren örtlichen Bundestagsabgeordneten; machen Sie ihn auf das Problem aufmerksam, um eine Verbesserung zu bewirken.
Ausgehebelter Kundenschutz
Doch der neue Schutz ist bereits lückenhaft. Dies zeigen Beschwerden von Mobilfunknutzerinnen, die sich an uns gewandt haben. Drei von ihnen sind Annedore Probeck, Ines Thirmeyer und Claudia Engemann. Probeck fand auf Handyrechnungen von Congstar, einer Marke des Telefonriesen Telekom, insgesamt mehr als 16 Euro für Spiele. Ihre Beschwerden bei Congstar über den nicht gewollten „Kauf“ bei Google Play im irischen Dublin waren zunächst erfolglos.
Geld zurück nach Finanztest-Anfrage
Unsere Frage, wie der Betrag auf die Mobilfunkrechnung gekommen ist, konnte die Telekom nicht schlüssig beantworten: Beim Kauf „scheinen verschiedene Apps genutzt worden zu sein“, so ein Sprecher. „Scheinen“? Nichts Genaues weiß man also nicht. Nach unserer Anfrage bei der Telekom bekam die Kundin den Betrag erstattet.
So ging die Sache schließlich auch für Ines Thirmeyer aus. Sie hatte angeblich per Handy ein „Action Sparabo“ beim Anbieter Mload abgeschlossen. Dafür wurden ihr 26 mal 4,99 Euro mit ihren Handyrechnungen abgebucht, insgesamt knapp 130 Euro. Sie beschwerte sich bei ihrem Mobilfunkunternehmen Mobilcom-Debitel und verlangte, dass ihr das Geld erstattet wird.
Sie habe mit ihrem Handy „definitiv kein Abo abgeschlossen“, beteuert Thirmeyer. „Ich habe nie erfahren, was genau ich angeblich bestellt habe“, sagt sie. Doch Mobilcom-Debitel stellte sich stur: „Eine Gutschrift erfolgt nicht.“ Erst als sich Finanztest einschaltete, bekam die Kundin ihr Geld zurück.
Einen schlüssigen Beweis für eine Abobestellung der Kundin lieferte Mobilcom-Debitel nicht. Die Gesellschaft beantwortete auch nicht unsere Frage, welches von der Bundesnetzagentur erlaubte Bestellverfahren bei Thirmeyer angewandt wurde.
Mobilcom fordert Geld für sich selbst
In der Kommunikation mit Ines Thirmeyer verwickelte sich Mobilcom-Debitel in Widersprüche. So schrieb die Firma an ihre Kundin, sie weise die „durch den Drittanbieter abgerechneten Leistungen“ nur auf der Rechnung aus und fordere das Geld ein. „Die Leistung von Mobilcom-Debitel beschränkt sich ausschließlich auf die Bereitstellung des technischen Zugangs.“ In einer anderen Mail von Mobilcom-Debitel an die Kundin ist dann nicht mehr von einem Drittanbieter die Rede, sondern von angeblich abonnierten „Infodiensten“ oder „Mehrwertdiensten“.
Fast schon zynisch heißt es weiter: „Erlauben Sie mir abschließend den Hinweis, dass die aktivierte Drittanbietersperre für solche Dienste nicht greift.“
Der Anbieter Mload gehört zu Mobilcom-Debitel, wie ein Blick ins Impressum auf der Internetseite zeigt. Also: Mobilcom-Debitel fordert hier nicht Geld – wie zunächst behauptet – für einen anderen Anbieter, sondern für sich selbst. Und die Kundin kann diese unerwünschten „Dienste“ nicht sperren, obwohl sie ein Recht auf eine Drittanbietersperre hat.