Unfallpolicen

Das bietet keine Berufsunfähigkeitsversicherung

Das bietet keine Berufsunfähigkeitsversicherung

Cash. sprach mit Roland Roider, Vorstand der Haftpflichtkasse Darmstadt, über die Marktchancen klassischer Unfallpolicen, ihre haftpflichtartigen Ableger und die Bedeutung der Sparte für die Vermittler.

Cash.: Herr Roider, es wird immer wieder geunkt, dass die Unfallversicherung an Bedeutung verlieren werde, da für die Invaliditätsvorsorge eine BU-Police viel besser passe. Was entgegnen Sie?

Roider: Dieser Prognose möchte ich in dieser Form nicht zustimmen. Die BU-Absicherung bietet einen sinnvollen Schutz nach der Feststellung einer Berufsunfähigkeit. Sie ist aber für viele Verbraucher schlicht so teuer, dass sie sich für ein zu niedriges Absicherungsniveau entscheiden. So wird nicht selten Prämie zulasten eines bedarfsgerechten Versicherungsschutzes eingespart. Allein dieser Aspekt ist schon ein guter Grund, sich für eine möglichst leistungsstarke Unfallversicherung – bestenfalls zusätzlich zur BU – zu entscheiden. Ein Vorteil kundenfreundlicher Unfallversicherungen liegt zusätzlich darin, dass eine unfallbedingte Invalidität vorliegen kann, ohne dass damit eine Berufsunfähigkeit einhergeht. Denken wir uns den Büroangestellten, der nach einem Unfall querschnittsgelähmt ist. Die Feststellung einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit dürfte hier nicht gegeben sein. Die BU-Versicherung würde also bedingungsgemäß in diesem Fall nichts zahlen. Was ist aber mit den anfallenden zusätzlichen Investitionen, die diese Person wegen der Behinderung hat? Ob es der behindertengerechte Hausumbau oder die Anschaffung eines neuen Kfz ist. Diese Investitionssummen kann nur eine Unfallversicherung finanziell absichern. Von besonderem Vorteil ist es, dass in der Unfallversicherung ein gegebenenfalls sehr hoher Kapitalbetrag in Form einer Einmalzahlung geleistet wird. Das bietet keine Berufsunfähigkeitsversicherung.

Ich schätze die Marktchancen einer solchen Absicherung als tendenziell gut ein. Eine Absicherung, die nach einem Unfall den tatsächlich entstandenen finanziellen Schaden ersetzt, stellt ein Kundenbedürfnis dar. Es ist ganz natürlich, dass sich die Lebensumstände während der Vertragsdauer einer Unfallversicherung verändern. Damit verbunden verändert sich auch der finanzielle Absicherungsbedarf der Kunden während der Vertragslaufzeit. Der Vorteil dieses Produktansatzes: Sowohl der Versicherungsvermittler als auch der Versicherte müssen sich nicht die Frage stellen, ob der vereinbarte Versicherungsschutz noch ausreichend ist. Dieser passt sich quasi automatisch an. Auf der anderen Seite werden diese Produkte noch etwas Zeit benötigen, um ausgereift am Markt Fuß zu fassen. Ein Nachteil eines solchen Produktes sehe ich darin, dass eben nur der entstandene Schaden ersetzt wird und nicht mehr. Hier hat die klassische Unfallversicherung heute einen klaren Vorteil.

Welche Bedeutung hat die Sparte Unfallpolicen für die Vermittler? Ist es möglich, die bröckelnden Umsätze im Bereich Leben durch das Unfallgeschäft wettzumachen?

Die Umsatzentwicklung in der Unfallversicherung am deutschen Versicherungsmarkt stagniert im Jahresvergleich nahezu. Gleichzeitig schrumpfen die Leben-Umsätze der Vermittler im Betrachtungszeitraum nennenswert. Insoweit kann von einer Kompensation zugunsten der Unfallversicherungsumsätze nicht ausgegangen werden. Unserer Beobachtung zufolge stellen Vermittler das Komposit-Geschäft insgesamt stärker in den vertrieblichen Fokus als noch vor zwei bis drei Jahren.

Interview: Kim Brodtmann

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