Berufsunfähigkeitsversicherung Kosten - Die wichtigsten Faktoren

Vorerkrankungen und Gesund­heits­fragen

Wann muss ich länger zurück­liegende Erkrankungen bei den Gesund­heits­fragen benennen?

Wird im Vertrag nach Erkrankungen gefragt, die in den letzten fünf Jahren ärzt­lich fest­gestellt oder behandelt worden sind, nennen Sie die Erkrankungen, wegen derer Sie sich in den letzten fünf Jahren ärzt­lich behandeln ließen. Ist Ihnen eine Frage nicht klar, bitten Sie den Versicherer um ihre schriftliche Erläuterung. Auskünfte von Vermitt­lern und Maklern sind zuweilen unzu­verlässig. Leser berichten immer wieder, dass Vermittler sie angestiftet haben, es mit den Gesund­heits­fragen nicht so genau zu nehmen. Das ist gefähr­lich. Selbst unwissentlich falsche Angaben können dazu führen, dass der Versicherungs­schutz verloren geht.

Werden meine Vorerkrankungen irgendwo zentral gespeichert und sind sie dort abruf­bar?

Nein. Zwar liegen den Kassen in verschlüsselter Form jene Diagnosen vor, aufgrund derer die Mitglieder behandelt worden sind. Doch die Auskunft der Kassen hierüber ist nur einge­schränkt hilf­reich bei der Entscheidung, welche Vorerkrankungen im Antrag für eine Berufs­unfähigkeits­versicherung angegeben werden müssen. Die Versicherten haben einen Auskunfts­anspruch gegen­über ihrer Kasse, den sie schriftlich geltend machen können. Sie müssen ihn mit einer Erklärung zur Entbindung der Schwei­gepflicht einreichen. Die Kasse teilt dann mit, welche Leistungen das Mitglied im letzten (Geschäfts-)Jahr in Anspruch genommen hat und welche Kosten damit verbunden gewesen sind.

Zu einer länger zurück­liegenden Erkrankung können Versicherte sich nur informieren, wenn sie der Kasse den Zeit­punkt der Behand­lung sowie den Namen des behandelnden Arztes angeben können. Weiterhin kann die Kasse darüber informieren, welche Arznei-, Verband- und Hilfs­mittel über sie abge­rechnet worden sind. Ausnahme: Bei Abrechnung von Behand­lungen über Kosten­erstattung kann sie keine Informationen liefern. Auch zu den Sach­verhalten, zu denen ein Antrag des Mitglieds vorliegt (wie etwa Kurauf­enthalte, Kranken­haus­auf­enthalte, Behand­lungs­pläne, Arbeits­unfähigkeits­bescheinigungen), kann die Kasse entsprechende Informationen heraus­geben. Auch bei Teil­nahme an einer Sonder­versorgung für chro­nisch Kranke bekommt die Kasse detaillierte Informationen zu Diagnose und Behand­lung.

Um heraus­zufinden, welche Krank­heits­bilder bei Ihnen in der Vergangenheit diagnostiziert worden sind, wenden Sie sich am besten an Ihre Ärzte. In den über Sie geführten Kranken­akten sind die Diagnosen nebst Datum des Arzt­besuchs fest­gehalten. Beim Erinnern an Arzt­besuche können alte Adress­bücher und Terminkalender helfen.

Wie erfährt der Versicherer im Ernst­fall etwas über meinen Gesund­heits­zustand?

Führt zum Beispiel ein Rückenleiden zum Eintritt der Berufs­unfähigkeit, forscht der Versicherer über Ärzte oder Krankenhäuser, die der Kunde von ihrer Schwei­gepflicht entbunden hat, nach, ob der Kunde sein Risiko schon vor Vertrags­abschluss kannte. Hat der behandelnde Arzt in der Kranken­geschichte Informationen aufgenommen, wonach der Patient bereits früher regel­mäßig an Rücken­schmerzen litt, ohne sie als behand­lungs­bedürftig zu betrachten, dürfte die Versicherung ihrem Kunden vorwerfen, die Fragen nach dem Gesund­heits­zustand bei Vertrags­schluss nicht korrekt beant­wortet zu haben. Auf den Zeit­punkt des Arzt­gesprächs kommt es dabei nicht an. Schon häufig hat Finanztest darüber berichtet, wie genau die Recht­sprechung die Aufklärungs­pflicht nimmt. So kann sich der Versicherte nicht darauf berufen, dass der Versicherungs­vermittler ihm geraten habe, eine schwere Erkrankung nicht im Vertrag zu benennen, weil er damit Gefahr laufe, gar keinen oder einen besonders teuren Versicherungs­schutz zu bekommen. Das ist vielleicht ein Fall für die Haftung des Vermitt­lers, aber die Versicherung muss nicht leisten. So kann der Versicherer auch Jahre nach Vertrags­schluss noch zurück­treten, wenn der Versicherte ihm eine Aids-Erkrankung nicht gemeldet hat. Selbst eine schon länger vergangene Arbeits­unfähigkeit darf ein Kunde bei Vertrags­schluss nicht verschweigen. Angaben dieser Art sind für die Versicherer wichtig, um das Risiko eines Vertrags zu beur­teilen.

In einem Fall, der vor Gericht ging, hatte ein Mann im Antrags­formular nicht angegeben, dass er einmal wegen eines Wirbelschadens zehn Monate lang krank­geschrieben war. Später wurde er berufs­unfähig. Die Gesell­schaft prüfte nach, ob ihr Kunde gesundheitliche Probleme bei Vertrags­schluss verschwiegen hatte, und erfuhr von seiner früheren Arbeits­unfähigkeit. Das Unternehmen verweigerte darauf­hin die Auszahlung der Rente und erklärte die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung.

Versicherungs­kunden können sogar dazu verpflichtet sein, schwerwiegende Erkrankungen nach­zumelden. Solange der Versicherungs­schein noch nicht zuge­schickt worden ist, muss der Antrag­steller der Versicherungs­gesell­schaft alle Informationen liefern, die wichtig sind, um das Krank­heits- oder Todes­risiko des Kunden einzuschätzen. Das gilt auch, wenn er die Nach­richt von seiner Krankheit erst erhalten hat, nachdem der Versicherungs­antrag schon abge­schickt wurde. Meldet er sich in einer solchen Konstellation nicht von sich, sehen Gerichte darin ein arglistiges Verschweigen. Es steht einer arglistigen Täuschung gleich.

Was mache ich, wenn ich mehr oder weniger schwerwiegende Vorerkrankungen habe, aber Versicherungs­schutz bekommen möchte?

Eine Berufs­unfähigkeits­versicherung abzu­schließen, ist in solch einem Fall sehr schwierig. Nach einer Finanztest-Umfrage bekam nur jeder Sechste den Vertrag, den er wollte. Knapp einem Drittel der Umfrage­teilnehmer gelang es gar nicht, sich zu versichern. Grund für die meisten Ablehnungen waren Vorerkrankungen. Die Umfrage ergab aber auch, dass sich Hartnä­ckig­keit auszahlen kann. Da sich die Ausgangs­situation als Antrag­steller verschlechtern kann, wenn er mehrere Anträge stellt und abge­lehnt wird, sollten Sie die Anträge parallel stellen, am besten mindestens zehn Anträge gleich­zeitig. Bei Vorerkrankungen, die aus Ihrer Sicht ein Hindernis sein könnten, sollten Sie eher noch mehr Anträge stellen. Eine Aufstellung darüber, welcher Versicherer welche Vorerkrankungen anstands­los akzeptiert oder welche Einschränkungen für welches Krank­heits­bild vorgenommen werden, gibt es nicht. Es gibt keinen einheitlichen Katalog, nach dem sich alle Versicherer richten. Die Versicherer lassen sich bei der Auswahl ihrer Kunden ungern in die Karten schauen. Sie verweisen immer wieder auf eine individuelle Prüfung des Risikos.

Habe ich Chancen auf einen Versicherungs­vertrag, wenn ich eine Psycho­therapie gemacht habe?

Interes­senten, die einmal psychische Probleme hatten, werden von den Versicherern kaum akzeptiert. Viele Versicherer bieten betroffenen Antrag­stel­lern zum Beispiel eine Unfall­versicherung an, aber keinen Berufs­unfähigkeits­schutz. Einige Vermittler empfehlen, in einigen Jahren wieder­zukommen. Meistens müssen mindestens fünf Jahre vergangen sein, bis ein Vertrags­abschluss infrage kommt. Aber es ist auch möglich, dass Versicherer nach einer psycho­therapeutischen Behand­lung noch länger zurück­fragen, zum Beispiel zehn Jahre.

Verbindliche Aussagen der Versicherer über den Umgang mit Antrag­stel­lern und Kunden mit psychischen Problemen liegen uns nicht vor. Bei Versicherten mit akademischen Berufen stellen psychische Probleme mitt­lerweile der häufigste Grund für den Erhalt einer Frührente da. So ist zu erwarten, dass die Versicherer diesem Aspekt noch mehr Beachtung schenken werden. Trotz der schlechten Aussichten sollten Sie versuchen, einen Vertrag abzu­schließen. Reichen Sie so viele Anträge wie möglich gleich­zeitig ein, um Ihre Chancen auf einen geeigneten Vertrag zu erhöhen.

Angenommen, die Frist für den Verzicht auf das Rück­tritts­recht des Versicherers vom Vertrag ist abge­laufen. Habe ich dann Anspruch auf eine Berufs­unfähigkeits­rente, wenn ich bei Vertrags­abschluss eine Erkrankung nicht angegeben hatte?

Nein. Zunächst zum Rück­tritt an sich: Er führt zur rück­wirkenden Aufhebung der Berufs­unfähigkeits­versicherung und zum Verlust des Versicherungs­schutzes. Der Versicherer kann den Rück­tritt erklären, wenn ihm bekannt wird, dass der Kunde wichtige Angaben unterlassen hat. Das kann vor dem Leistungs­fall sein. Bei einer bereits einge­tretenen Berufs­unfähigkeit bleibt nach § 21 des Versicherungs­vertrags­gesetzes (VVG) die Leistungs­pflicht des Versicherers nur bestehen, wenn kein unmittel­barer Zusammen­hang zwischen den verschwiegenen gesundheitlichen Umständen und der Ursache für den Eintritt des Versicherungs­falls besteht. Das Rück­tritts­recht beträgt nach § 21,3 VVG fünf Jahre.

Doch Achtung: Ein solcher Verzicht bezieht sich nur auf versehentliche Falsch­angaben im Antrag. Der Kunde ist verpflichtet, seinem Versicherer alle Fragen zu seinem Gesund­heits­zustand wahr­heits­gemäß und voll­ständig zu beant­worten. Wer aber nur aus Unwissenheit oder fahr­lässig falsche Angaben gemacht hat, behält nach Ablauf der Rück­tritts­frist den Versicherungs­schutz.

Unterließ jemand eine Information vorsätzlich oder macht gar falsche Angaben, werten Gerichte das in der Regel als arglistige Täuschung. Hier ist noch bis zu zehn Jahre nach Vertrags­schluss ein Rück­tritt möglich. Dann kann der Versicherer den Vertrag anfechten und sich so trotz einer Klausel mit Verzicht auf das Rück­tritts­recht vom Vertrag lösen und die Leistung ablehnen. Es kommt dann auch nicht mehr darauf an, ob ein Zusammen­hang zwischen der verschwiegenen Vorerkrankung und der Ursache für den Eintritt der Berufs­unfähigkeit besteht.

Weist der Versicherer eine arglistige Täuschung nach, bekommt der Kunde keine Berufs­unfähigkeits­rente. Dabei muss der Versicherte aber zumindest nach Auffassung des Versicherungs­ombuds­manns bei Antrag­stellung mit der Möglich­keit gerechnet haben, dass der Versicherer ihm bei Kennt­nis des wahren Sach­verhalts nicht oder nur zu erschwerten Bedingungen Versicherungs­schutz gewährt hätte.

Vielen Dank an die Stiftung Warentest